Rodel-Winterwanderung zur Neureuth-Alm

Neulich hat mein Sohn (2) endlich entdeckt, das Schnee Spaß macht. Oben an der Neureuth-Alm hoch überm Tegernsee stapfte er durch das Weiß und gemeinsam mit der großen Schwester ließ er sich hineinfallen, als wär er noch am Strand von Fuerteventura (dort waren wir kürzlich im Urlaub). Den Weg an meiner Hand hinabzuschlittern, statt zu laufen, fand er auch Klasse und die Abfahrt mit dem Schlitten kommentierte er mit diversen „Juchhu!“ Als der „Mädchen-Schlitten“mit Mama und Helene an ihm vorbeidüste, holte er aus seinem noch spärlichen Wortschatz: „Lahme Ente!“ und alle mussten lachen. Ein perfekter Familienausflug also, will man meinen.

Doch eigentlich war alles ganz anders.

Wir kamen vom kanarischen Strand und wollten Schnee. Alle wollten mit Schlitten fahren. Super. Was unsere Tochter in diesem Moment noch nicht auf dem Schirm hatte: Sie muss erst hinauf wandern, bevor sie sich auf den Schlitten setzen kann. Denn in diesem Winter sind sämtliche Rodelhügel der Region grün. Die Begeisterung lässt merklich nach.

Trotzdem. Wir wollen Schnee, aber bereit sind wir noch lange nicht. Am Vorabend waren wir mal wieder zu müde, um zu planen, geschweige denn zu packen. Also schnell beide Kinder in die Schneeanzüge, Brotzeit zubereiten, Windeln, Wechselwäsche, Schlitten aus dem Keller holen – und wenn alles vorbereitet ist, hat der Kleine wieder die Windeln voll. Erste Anflüge von Stress machen sich breit.

Sicher: Wir hatten an diesem Samstag alle das Bedürfnis auszuschlafen. Das Problem daran: Wintersportler und Urlauber aus ganz Europa tummeln sich auf den Autobahnen rund um München. Ein Blick auf die Verkehrslage laut Google verrät: Das auserwählte Ziel ist ohne langen Stau nicht erreichbar.

Kaum im ersten Stau, sinkt die Laune weiter. Die innere Bereitschaft, den Kindern Frohsinn und Vorfreude zu vermitteln, tendiert gen Null, weil man selbst schon nicht mehr vom Sinn dieses Vorhabens überzeugt ist.

Im Auto wird also kurzfristig der Plan geändert: Eine andere Tour muss her. Aber wie ist dort die Schneelage? Wie steil ist es dort? Wie hoch müssen die Kids? Gib es eine Hütte? Alles Informationen, für deren Recherche man ein Mindestmaß an Zeit benötigt. Und wehe mir, wenn die Tour dann nichts taugt!

Prinzessin Lauffaul

Das Örtchen Gasse bei Gmund. Am Mittag kommen wir an. Beim Oberbuchberghof (mit Ferienwohnung) geht es links den Forstweg hinauf. Immerhin, noch scheint die Sonne, aber Schnee ist Mangelware, der Weg ist vereist, die Kinder sind schon müde. Sohnemann hält Mittagsschlaf auf dem Schlitten. Aber Helene muss laufen, wenigstens streckenweise. Die Passagen, die ich sie ziehen soll, werden immer länger. Ich nehme es sportlich: 35 Kilo hinter mir den Berg hochziehen ist ein gutes Training. Aber irgendwann will ich nicht mehr und erstmals bekomme auch ich schlechte Laune und Streit mit Prinzessin Lauffaul. Der Mann an meiner Seite flucht leise vor sich hin: „Schnapsidee!“ Und ich bekomme Schuldgefühle.

Wie jetzt, keine Hütte?

Zum Glück wird der Schnee besser und mehr, und das Ende der Rodelbahn ist in Sicht. Ich locke mal wieder mit Hütte und Kaiserschmarrn. Aber, oh Mann, die gibt’s hier nicht. Am Start der Rodelbahn heißt es: Schlitten abstellen und zu Fuß weitere 150 Höhenmeter.

Weißwurst statt Kaiserschmarrn – wir kamen zu spät.

Also ohne Einkehr wieder runter? Ich bin am Boden zerstört. Das darf’s jetzt nicht gewesen sein und überzeuge die anderen, noch weiter zu gehen. Ein herrlicher Steig durch den Wald, über eine Lichtung und durch schönen Schnee. Aber außer mir sieht das wahrscheinlich keiner mehr. Die Kinder wollen getragen werden, uff. Und als wir oben sind, ist die Sonne weg.

Aussicht von der Terrasse des Neureuthhauses auf den Tegernsee

Was soll’s! Hier oben ist die Aussicht herrlich, die Kinder können endlich im Schnee toben und genießen das in vollen Zügen. Und ich fühle mich irgendwie bestätigt, dass es das wert war. Ja, ich weiß, es ist nicht schön, wenn man erst durch die Hölle muss, um in den Himmel zu kommen, aber manchmal lohnt es sich.

Das Oberbuchberger’s lädt zur Einkehr nach der Tour ein – wenn man nicht zu spät kommt

Die Rodelbahn von Neureuth nach Gasse bei Gmund ist übrigens eine leichte Alternative zur Abfahrt von Neureuth nach Tegernsee auf der anderen Seite, die recht steil ist. Dafür läuft man beim Aufstieg von Gasse viel im Wald ohne nennenswerte Ausblicke. Dennoch eine hübsche kleine Wanderung – wenn Umstände und Einstellung passen.