Review EOFT 2014/15: Meine Helden der Leinwand

Die European Outdoor Film Tour 2014/15 (EOFT) lockte in München mal wieder mit dem Versprechen auf spektakuläre Bilder aus der Welt der Berge in die Alte Kongresshalle auf die Theresienhöhe. Kinder würden dort keine Rolle spielen, das war schon klar. Und mit Kindern empfiehlt sich auch kein Besuch der EOFT – das vorab. Dennoch möchte ich hier meine Eindrücke schildern, schließlich wird man selbst zum Kind, wenn man aus dem Staunen nicht mehr raus kommt oder vor lauter Begeisterung nicht will, das es aufhört. Und man fühlt sich nicht selten ganz klein im Angesicht unglaublicher, übermensclicher Abenteuer. So geht es mir zumindest bei guten Abenteuerfilmen. Und wie ging es mir bei der diesjährigen EOFT?

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Will Gadd im Overhead Hazard

 

Ich musste bis zur zweiten Halbzeit warten, bis ich wirklich mitgerissen wurde, als Will Gadd in „The Frozen Titans“ die Helmcken Falls über eine überhängende Mixed Route (Overhead Hazard) bezwang. Eine spannende Landschaft aus riesigen Eiszapfen und Fels in der Gischt eines tosenden Wasserfalls, eine ebenso mitreißende Story, die auch Hintergründe beleuchtet, und nicht zuletzt ein sympathischer Held, der im Film auch in seiner ambivalenten Rolle als Vater und Abenteurer gezeigt wird, machen den Film zu einem Erlebnis und in meinen Augen zum besten, was die EOFT 14/15 zu bieten hat.

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Kieran McKay in Cave Connection

Mit nur wenig Abstand folgt Kieran Mckay in „Cave Connection“ in meiner persönlichen Best of EOFT 14/15. Ehrlich, mein Interesse für Höhlenbergsteiger beschränkte sich bislang auf das Verfolgen der Rettungsaktion des verunglückten Höhlenforschers im Fernsehen vor wenigen Monaten. Aber in „Cave Connection“ nimmt McKay Euch mit, wenn er mit seinem Team in diese bizarre fremde Welt abtaucht, die scheinbar nicht weniger Abenteuer und Risiken bereithält als die viel häufiger medial gefeierte Bergwelt mit ihren heldenhaft inszenierten Protagonisten. Jemand wie McKay steht weit weniger im Spotlight der Öffentlichkeit, obwohl er in seiner Bedeutung als „Sir Edmund Hillary des Höhlenbergsteigens“ gelten darf. Sehr sehenswert!

 

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Alex Honnold im El Sendero Luminoso

Kletterstar Alex Honnold mit seinem groß angekündigten Free Solo des „El Sendero Luminoso“, einer 15 Seillängen hohen Wand in Mexiko, ließ mich dagegen etwas ratlos zurück. War das nur der Trailer zum Film? Das Ganze endet scheinbar, als es richtig losgehen soll. Ich hätte gern noch ein bisschen mitgezittert bei diesem hoch riskanten Unternehmen, das jederzeit in einem Sturz ins Leere enden kann, und hätte vor allem gern am Schluss die Erleichterung beim großen Finale mitnachempfunden.
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James Kingston in „Don’t Look Down“

 

Feuchte Hände und ein seltsames Gefühl in der Magengegend verpasste mir dagegen James Kingston in „Don’t Look Down“, weil er in Großstädten ungesichert auf Kräne und Gerüste hundert Meter hoch über der Erde klettert, um dann einhändig im Nichts zu hängen, während unter ihm der urbane Alltag vorbeizieht. Warum auch immer er das macht (er weiß es wohl selbst nicht so genau), ich muss das nicht verstehen – aber mit Outdoor hat das für mich nicht viel zu tun, denn tolle Landschaften und beeindruckende Naturerlebnisse gehören für mich zur EOFT einfach dazu.

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Was fürs Auge: „Afterglow“

 

Viele farbvolle Lichteffekte fürs Auge bieten „Dream“ und „Afterglow“, der eine beim Kajak, der andere im Tiefschnee – Unterhaltung pur, aber wenig Bleibendes. Und wer’s theatralisch mag, der wird mit den vier Mädels in „Nobody’s River“ auf ihrer 5000 Kilometer langen Route auf dem Amur durch die Mongolei mitleiden und mitschluchzen. Für mich war’s definitiv zu viel davon. Wenn schon Frauenpower, dann die von Shades of Winter in „Pure“: Respektable und mitreißende Freeride-Action von sympathischen Mädels und wunderschöne Tiefschnee-Inszenierungen, die Lust auf Winter machen. Das ist Lebensfreude, die einem abgeklärten James Kingston total abgeht.

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Mädels on the rocks in „Pure“