Gargellen: Auf Schmugglers Spuren im Montafon

„Mama, wann sind wir an der Hütte“, lautet ja die übliche Frage vieler Kinder, in etwa fünf Minuten nach Beginn einer Wanderung. Aber neulich im Montafon hieß es ungeduldig: „Wann kommt die nächste Aufgabe?“ Wir waren in Gargellen auf dem Muntafuner Gagla Weg unterwegs, einem eigens für Kinder angelegten Wanderweg, der von der Talstation der Gargellener Bergbahn ins Vergalden- und Valzifenztal führt.

Brrrr…. 6°C Wassertemperatur

„Aufgabe“ deswegen, weil dieser Wanderweg über mehrere Stationen führt, an denen die Kinder aufgefordert werden, den Umfang eines Baumes zu messen, oder die Temperatur des Wassers im Bach; mit dem Kompass die Himmelsrichtung herauszufinden, in welcher die Ortschaft liegt, oder auch mal die Zeit zu stoppen, wie lange sie auf einem Bein hüpfen können. Eigens dafür können sich die Kinder im Tourismusbüro einen Rucksack mit den benötigten Instrumenten abholen und ein Heft, in dem die Aufgaben beschrieben sind und die Ergebnisse eingetragen werden. Im Montafon gibt es fünf dieser Gagla-Wege.

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Schätzt mal: Wie dick ist der Baum?

Wandern nach Thema

Nun könnte man an dieser Stelle trefflich darüber diskutieren, ob es solcher Themenwanderwege überhaupt bedarf, um Kinder in den Genuss der Bergwelt zu bringen. Einigen wir uns darauf, dass sie für Kinder sinnvoll sind, solange sie nicht zu offensichtlich ins natürliche Umfeld gepflanzt werden mit übergroßen Schautafeln oder zusammenhangslos installierten, überdimensionalen Spielgeräten. Und wenn sie dann noch zum Beispiel in einem geschichtlichen Kontext Sinn machen, verdienen sie das Prädikat „wertvoll“.

Wandern am Fuß der Madrisa

Gargellen, der höchstgelegene Ort im Montafon, kann hierfür aus seiner gar nicht so fernen Vergangenheit schöpfen. Wie in anderen Grenzregionen zur Schweiz auch, war das Schmuggeln hier lange Zeit fester Bestandteil des Alltags. Die Schmuggler lebten dabei ziemlich gefährlich und ließen sich einiges einfallen, um von den Zöllnern nicht erwischt zu werden. Das „grüne Gold“, die Kaffeebohnen, wurden ungeröstet geschmuggelt, damit ihr Geruch den Zöllnern nicht in die Nase stieg. Einige Schmuggler nagelten ihre Schuhsohlen verkehrt herum auf die Schuhe, um ihre Verfolger, die Zöllner, zu täuschen.

Im Valzifenztal

Kein Wunder, dass sich auf dem Schafbergplateau zu Fuße der 2770 Meter hohen Madrisa und der Gargellener Köpfe (2484 m) alles ums Schmuggeln dreht, in Form zahlreicher Anekdoten, des neuen VAUDE Schmuggler-Klettersteigs und zweier Schmugglerwege für Kinder. Die Schmuggler waren schließlich selbst noch Kinder, als sie als arme Hirten an der Grenze begannen, vor den Augen der Zöllner offensichtlich aber doch unbemerkt ihre Rucksäcke mit Schmuggelgut mit Schweizer Geißjungen zu tauschen, und dabei entdeckten, dass sie damit leichtes Geld verdienen konnten.

Start des Schmugglerpfades für die Kleinsten

Schmuggi Luggi und Madrisa
Der junge Wandernachwuchs kann heute von der Bergstation der Schafbergbahn aus den Spuren von „Schmuggi Luggi“ folgen – zu hochdeutsch etwa Schmuggler Lukas. Schmuggi Luggi war ein Meister darin, den Zöllnern ein Schnippchen zu schlagen und die Kinder sind auf einer etwa eineinhalbstündigen Runde dazu aufgefordert, an verschiedenen Stationen nachzuempfinden, wie spannend, anstrengend und gefährlich das Schmugglerleben war:

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Auf leisen Sohlen …

Zwei „Schleichwege“ führen die Kinder barfuß über Wiese, Sand, Moos, Kieselsteine, Wasser und Steine; mit einem Fernglas sollen sie Schmuggi Luggi gegenüber in der Felswand der Madrisa entdecken. An dieser Stelle lohnt sich ein Abstecher zehn Minuten hinab zum malerisch gelegenen Gandasee.

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Diese Wassermühle macht Musik

Wieder auf dem Rundweg dürfen die Kinder ihre Kräfte messen, indem sie versuchen, verschieden schwere Steine zu heben – Schmuggi Luggi war nicht nur listig, sondern auch stark. Ein Wasserrad mit Klangspiel lädt zu Wasserspielen ein und kurz darauf heißt es, so schnell wie möglich durch ein Geröllfeld zum Ziel zu gelangen, bevor an einer Feuerstelle zur „Marend“ (Jause) geladen wird, wo in Gegenwart Erwachsener sogar gegrillt werden darf.

Schleich di, Schmuggi!

Das Ganze macht Montafoner Schmugglergeschichte für Kinder greifbar, vorausgesetzt man erzählt ihnen auch die Hintergründe und Zusammenhänge. Obendrein spielt sich das Ganze in wunderschöner, von Alpenrosen übersähter Kulisse ab, dominiert vom imposanten Felsmassiv der Madrisa. Den punktierten Enzian muss man nicht lange suchen und: Wann haben Kinder schon mal blühenden Schnittlauch gesehen? Kostprobe gefällig?

Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade #OutdoorKultur des Blog KulturNatur.

Vielen Dank an die Montafon Tourismus GmbH und das Hotel Bradabella für die Einladung zu dieser Reise.