Norwegen, das Land aus Wasser und Wald, aus Eis, Schnee und Fels. Das Land der Bootshäuser und bunten Holzhütten. Das Land der Camper und Wohnmobile. Norwegen stand schon lange auf dem Plan. Warum ich nicht schon längst dort war? Bevor ich Kinder bekam, zog es mich noch weiter weg, nach Bolivien, Patagonien, Nepal oder Myanmar. Danach war zunächst das erste, dann das zweite Kind für meinen Geschmack noch zu klein für derartige Rundreisen ohne Fixpunkt. Ein Mindestmaß an Mobilität und Flexibilität wollten wir Eltern und sollten die Kinder schon mitbringen nach Norwegen, damit wir das Land auch erfahren statt nur abfahren können. Die Kids sollten aktiv diese Reise und das Land miterleben. Im vergangenen Sommer war es endlich so weit.
Norwegen ist groß. Die Auswahl lohnenswerter Reiseziele riesig. Was die Routenwahl anbelangt wurde ich also wieder auf mein liebstes Credo zurückgeworfen: Klasse statt Masse. Ging es doch nicht darum, Kilometer zu schrubben, sämtliche touristische Highlights am Straßenrand fotografisch abzuhaken: Klick, weiter. Mich zog es gar nicht so sehr zu den sozial medial allgegenwärtigen Preikestølen, Trolltunga oder Geiranger Fjord. Die Wahl fiel auf die Gegend rund um den Sognefjord. Dort ist vieles, was Fjordnorwegen ausmacht, in zwei Wochen mit dem Wohnmobil erfahrbar: schmale Fjorde, Fjelle, Gletscher und charmante Orte (gern mit ein bisschen Historie). Und das ist sie in etwa, unsere Route.
Die kindliche Faszination für Neues hat ja häufig eine kurze Halbwertzeit. Ist etwas immer wieder oder stets gegenwärtig, verliert es ein Stück weit seinen Reiz, und war die Begeisterung zuvor noch so groß. Das konnte ich gelegentlich auch auf dieser Reise beobachten. Der erste große Wasserfall, den wir auf unserer Route sahen, war ein mächtiges „Wow“. Aus etwa 150 Metern stürzt das Wasser des Tvindefossen hier in mehreren Kaskaden eindrucksvoll hinab. Die Kinder waren nur schwer zu bremsen und vor der Absperrung zu halten.
Und weil direkt vorm Wasserfall ein Campingplatz ist, verbrachten wir dort eine ziemlich „berauschende“ Nacht – zwischen tosendem Wasser und der Straße von und nach Voss. Waren wir am Vortag mit dem Wasserfall noch ziemlich allein, so lernten die Kinder am nächsten Tag sehr schnell, wie Chinesen reisen (Bus auf, in Mengen ausschwärmen, klick, klick, klick, Bus wieder zu und weg) – und sie landeten nebenbei auf unzähligen chinesischen Speicherkarten, weil sie immer wieder durch die wohlkomponierten Motive hüpften. Wir sollten noch viele große Wasserfälle in diesem Urlaub sehen, aber nie wieder schenkten die Kinder ihnen so viele Ahs und Ohs wie dem Tvindefossen.
Das gilt übrigens auch für Kreuzfahrtschiffe. Als die üppige „Crown Princess“ den Aurlandsfjord vor Flåm fast gänzlich füllte, war sie vom Campingplatz aus gut zu sehen. Die Kinder warfen am Morgen einen ersten Blick aus dem Fenster und schienen ihren Augen nicht zu trauen. Wie ein Hochhaus erhob sich der Koloss hinter Bäumen und Holzhäusern, wo am Abend zuvor eigentlich nur Berge aus dem Wasser ragten.
Wir sahen noch etliche Kreuzfahrtschiffe in den folgenden Tagen, aber auch daran hatten sich die Kinder gewöhnt, als wir am Ende der Reise der „Crown Princess“ im Hafen von Bergen wieder begegneten. Noch so etwas: mit der Fähre über den Fjord fahren. Helle Freude als unser Wohnmobil im Schlund der Fjordline verschwand, um mit ihr nach Bergen zu fahren. Und auch die erste von zahlreichen Fjordüberfahrten machte noch etwas her. Zehn Tage später waren die Kinder damit nicht mehr so recht aus der Reserve oder aus dem Wohnmobil zu locken.
Das ist aber auch nicht so wichtig. Ein Blick in das Urlaubstagebuch meines Mädchens beweist mir nämlich, dass dieser Urlaub ganz ohne Strand und Pool, stattdessen mit Gletschern und dem einen oder anderen Regenschauer für sie ein besonderes Abenteuer war. War ich mir zuvor nicht sicher, ob die Kinder nach all den Mittelmeer- und Strandurlauben diesem Roadtrip durch Fjelle und Fjorde etwas abgewinnen könnten, so bin ich mir jetzt sicher: Würde ich jetzt nach Norwegen fahren, würden beide Kids sofort mitkommen wollen. Könnte also sein, dass wir bald wieder nach Norwegen fahren. Vielleicht dann aber ohne Wohnmobil. Aber das ist eine andere Geschichte.
In nächster Zeit versorge ich Euch mit besonderen Erlebnissen mit unseren Kids rund um den Sognefjord. Sie handeln von Fjord- Fjell- und Gletscherwanderungen, vom Kajakfahren und von besonderen Orten.
Was kannst Du noch erleben?
Das Wikinger-Dorf bei Gudvangen: Das Wichtigste zuerst: Wikinger trugen oft Helme, aber keine Hörner daran. Das wurde uns im neu eröffneten Wikingerdorf mit einigem Nachdruck mit auf den Weg gegeben. Direkt am Hafen von Gudvangen empfiehlt sich dieses Erlebnismuseum vor allem für Kinder. Nachgestellte Hütten und „Bewohner“ in authentischem Outfit beim Spielen und Arbeiten geben den Kleinen einen Einblick, wie die normalen Wikinger lebten. Nämlich nicht ausschließlich auf Kriegszug mit Schiffen. Eine richtig gute Führung auf Englisch bot man uns außerdem. Die Kinder verstanden kein Wort, aber sie waren nachhaltig fasziniert von der Darstellung. www.vikingvalley.no
Eine Fahrt mit der Flåmbahn: Achja, die Flåmbahn. Lag’s am Wetter (der einzige richtig verregnete Tag)? Oder an den Touristenmengen? Jedenfalls, ich konnte mich für die wohl steilste Normalspurbahn der Welt nicht so arg begeistern. Aber was will das schon heißen: Die Kinder fanden es lustig. In einer Stunde fährt die Bahn von Flåm ins Gebirge hinauf, passiert dabei diverse Tunnel und gibt dabei tiefe Ausblicke in die Täler frei. Die Konstruktion der Strecke ist sicher einzigartig. Unterwegs gibt es einen Stop nahe eines mächtigen Wasserfalls, an dem alle aussteigen dürfen. Kaum haben sich alle auf einer Plattform versammelt, tönt laute Musik aus einem Lautsprecher und hinter einer Ruine neben dem Wasserfall erscheint eine blonde Frauenfigur. Sie stellt die Sagenfigur Hyldri dar und tanzt vor den Kameras der Touristen. Die Musik verstummt nach 4 Minuten und alle verschwinden wieder in den Wagons. Hyldri taucht diverse Male bei meiner Tochter im Tagebuch auf. www.visitflam.com/flamsbana
Zeitreise in den historischen Hotels: Wirklich begeistert haben mich dagegen diese charmanten alten Hotels, die dem Verbund „De Historiske“ angehören und uns immer wieder unterwegs begegneten. Das Stalheim Hotel, das Hotel Walaker, das Mundal, das Kviknes, das Fjordstove Hotel – die Einrichtung versetzt Dich in jeweils in eine andere Zeit und es bräuchte ein bisschen Zeit, die Geschichten hinter der Kulisse dahinter zu erfahren. www.dehistoriske.com
Lærdalsøyri: In einer Filmkulisse wähnst Du Dich auch in diesem kleinen Dorf. Vor allem, weil es so verloren an der Straße liegt. Keine Ahnung, wie es im Juni und Juli hier aussieht. Angeblich werden auch Reisebusse hier abgeladen. Wir spazierten jedenfalls allein durch das Sträßchen. Ein Besuch in dem romantisch eingerichteten Café sollte drin sein.
Was musst Du wissen?
DAUER: Wir waren zeitlich etwas eingeschränkt. Mit Anreise aus München nach Hirtshals, Fährüberfahrt und entsprechender Rückreise blieben uns vor Ort zwölf Tage. Ich hätte mir für diese Route zwei, drei Tage mehr gewünscht, um hier und da länger zu bleiben, um noch eine Wanderung einzubauen oder vielleicht noch Ålesund zu sehen. Aber so waren wir trotzdem ohne Eile unterwegs.
Wir waren Mitte August unterwegs. In Norwegen waren bis 15. August Ferien. Danach wurde es noch einmal um vieles stiller. Wirklich Trubel herrschte nur in Flåm, wo die Kreuzfahrtschiffe tausende Touristen abladen.
PLANUNG: Die Routenplanung samt Sehenswürdigkeiten, Aktivitäten und Übernachtung (Campingplätze) funktioniert bestens über das Portal von www.visitnorway.de
Campingplätze findet Ihr auch in dieser Region mehr als genug. Im August mussten wir nie zwingend vorher reservieren. Meistens liegen diese aber direkt oder recht nah an der Straße. Das trübt ein wenig das Naturerlebnis. Alternativ könnt Ihr auch abseits der Campingplätze campen. Nur müsst Ihr dann auf den Komfort von Strom aus der Steckdose verzichten. So unerfahren wie wir unterwegs waren, wollten wir nicht Gefahr laufen, unser Gas aufzubrauchen für die Heizung aufzubrauchen. Die macht dort auch im August Sinn.
GELD: In Norwegen braucht Ihr eigentlich kaum Bargeld. Alles läuft über Kreditkarte. Ich habe nicht einen Euro Cent in Norwegische Krone umtauschen müssen.
Wie komme ich hin?
FÄHRE: Wir sind mit der Fjordline über Nacht von Hirtshals in Dänemark über Stavanger nach Bergen gefahren, um uns kostbare Fahrtage durch Südnorwegen zu ersparen. Dauer: 16 h
Tipp: Bucht mindestens ein halbes Jahr im Voraus. Sonst bleiben Euch nur die teuren Überfahrten an den Freitagen. www.fjordline.com
FLUG: Möglich, aber unterm Strich nochmal teurer, ist auch der Flug nach Bergen. Mit einem Mietwagen vor Ort zu reisen, macht durchaus Sinn. Die meisten Campingplätze, auf denen wir waren, boten auch Übernachtung in Hütten an. Zu unserer Reisezeit (Mitte August) sah es nicht einmal so aus, als hätte man vorher reservieren müssen. Vor Ort seid ihr flexibler, aber mit Kindern stelle ich mir aber den fast täglichen Ein- und Auszug aufwendig vor. Es hat alles Vor- und Nachteile.
Hallo Ute,
ein interessanter Bericht. In die Gegend möchte ich im Frühherbst auch (wenn es denn Corona bis dahin wieder möglich macht …). Mit dem Wohnmobil bin ich zwar nicht unterwegs, aber einige Deiner Stationen sind auch geplant. Ich bin mal gespannt …
LG
Stefan
Hallo Stefan, ja, das war ein kleiner Traum, diese Naturschönheiten mit Familie zu erleben. Tatsächlich stand Norwegen bei uns diesen Sommer wieder auf dem Plan. Aber das Land ist nicht günstig und die aktuelle Lage erlaubt so eine Reise zu viert gerade nicht, welbst wenn das Reisen wieder erlaubt wäre. Vielleicht klappt es bei Dir. Viel Glück. Ute
Hallo Ute, ich habe gerade mit Spannung Deinen Bericht gelesen. Wir waren vor zwei Jahren schon mal in Norwegen (mit dem Auto und gemieteten Häusern). Eigentlich sollte es dieses Jahr wieder los gehen, aber Corona kam dazwischen und nun haben wir einen Fjordline Gutschein und sind gedanklich in der Planung für die nächsten Sommerferien. Irgendwie ist nun die Idee entstanden, ob wir doch mal mit einem Wohnmobil fahren sollen. Wir haben auch zwei Kinder (5 und 7 Jahre alt). Ich bin nun an Deinem Satz hängen geblieben, dass Du nochmal nach Norwegen fahren würdest, aber dann eher ohne Wohnmobil. Magst Du mir sagen warum? Wir sind uns einfach unsicher, wie wir zu viert auf so engem Raum klar kommen und ob das für drei Wochen wirklich so eine gute Idee ist!? Ich freue mich auf eine Antwort. Liebe Grüße, Anja
Liebe Anja, tja, die Sache mit dem Wohnmobil. Für eine Norwegenreise ist ein Wohnmobil sicher die einfachste Wahl. Das Netz an Campingplätzen ist einfach hervorragend. Aber zu viert ist es wirklich eine Herausforderung. Dazu kommt, dass wir mit einem vergleichsweise kleinen Wohnmobil unterwegs waren und ich recht groß bin. Ich weiß nicht, wie oft ich mir den Kopf angehauen habe :-) Trotzdem habe ich unseren Norwegen-Trip sehr sehr schön in Erinnerung und wir wären dieses Jahr auch wieder gefahren, aber definitiv mit einem deutlich größeren Wohnmobil. Gründe dafür gibt es genug: Mehr Stauraum (heißt weniger aufräumen müssen)! Bewegungsfreiheit (heißt weniger Beulen)! Und ganz wichtig: Nicht jeden Abend und morgen umbauen müssen, weil der Tisch Teil des Bettes ist. Also entweder habe ich Tisch, dann können die Kinder nicht schlafen. Oder ich habe ein Bett, dann kann man nicht drinnen frühstücken. In Südeuropa wäre das alles vielleicht kein Thema – einfach draußen essen. Aber das Wetter ist in Norwegen nicht so beständig. Da muss man sich als Familie schon auch drinnen mal ein paar Stunden wohlfühlen können. Die Wahl fiele also auf ein Wohnmobil, wo Bett und Esstisch von vornherein getrennt sind. Und diese sind dann einfach größer.
Es gibt aber auch die Möglichkeit, auf vielen Campingplätzen kleine Hütten zu buchen. Dann würde ein normales Auto auch reichen, und ein Zelt für alle Fälle. Setzt natürlich etwas mehr PLanung voraus und bietet etwas weniger Flexibilität.
Wie auch immer, meine Lust auf Norwegen ist davon völlig unbeeinträchtigt. Liebe Grüße
Ute