Irgendwie hatte es mir die Rastkogelhütte damals angetan: diese Lage, die Aussicht, der für Kinder herrlich einfache Zustieg und die viel verheißenden Gipfel drumherum. Rosskopf, Kreuzjoch, Rastkogel. Von der Hüttenterrasse aus schaut man übers Tal hinweg zu den ganz Großen des Zillertals: Großer Löffler, Schwarzenstein, Gigalitz, alles Dreitausender.
Doch damals war Januar, tiefster Winter – zumindest in den Bergen, alles verschneit, Lawinengefahr unter den Gipfeln. Die Kinder hatten trotzdem einen Mordsgaudi mit ihren Schlitten auf dem privaten Rodelhang vor der Hütte und auf der rasanten Rückfahrt zum Parkplatz. Aber ich wusste: Hierher möchte ich im Sommer noch einmal mit der Familiengruppe zurückkehren, um die nahen Gipfelkreuze mit den Kindern zu erwandern. Das haben wir gemacht und es war eines der besten Wander-Wochenenden dieses Jahres.
Leichte Wanderung zur Hütte
Der Zustieg zur Hütte auf 2154 Metern ist im Sommer noch einmal einfacher, als im Winter. Kein windverblasener Schnee, durch den die Kinder stapfen müssen. Stattdessen geht’s vom Hüttenparkplatz (in einer Rechtskehre, zwei Kehren über der Sportalm/Mautstation) geradeaus auf dem Sommerweg auf einem abwechslungsreichen Pfad quer über den Hang. Durch die Alpenrosen-Büsche hindurch und die Hütte immer im Visier ist man binnen einer Stunde im Warmen. Ja, leider ließ uns die Sonne zappeln, aber die Kids hatten sowieso erst einmal damit zu tun, die Zimmer aufzuteilen, die Doppelstockbetten zu erklimmen und das Spielzimmer auf den Kopf zu stellen.
Der nächste Morgen begann trüb. „Mama, deine Berge sind weg“, stellte Jakob beim Blick aus dem Fenster mal wieder fest. Eine graue Suppe, zumindest solange, bis die Sonne Stück für Stück den Him- mel wieder freilegte. Dass er diesen Nebel hier oben von der Stadt aus gewöhnlich als Wolke wahrnimmt und er nun in genau so einer Wolke saß, überstieg noch sein Vorstellungsvermögen. Es kann verdammt spannend sein, den Nebelschwaden dabei zuzuschauen, wie sie den Berghang hinauf kriechen.
Der Nachmittag war dann zumindest trocken und wir gönnten uns einen kleinen Ausflug zum Sidanjoch und noch ein paar Meter weiter. Gleich hinter der Hütte folgt man dem Wegweiser Richtung Rosskopf. Zwei Meter weiter schon blieben die Jungs an einem Tümpel stehen und beobachteten die Kaulquappen. Ein schmaler Steig führt dann zum breiten, ungefährlichen Sattel des Sidanjochs, von wo aus man ins nächste Tal und nach Fügen blicken kann. Nach einer Kraxel- und Picknickpause ging es dann wieder zurück Richtung Hütte. Mit etwas mehr Zeit hätte man zwei kleinere Seen unter dem Rosskopf oder den Rosskopf selbst anpeilen können, aber wir hatten ja noch den zweiten Tag.
Gipfelwanderung für Kinder
Und der war von der Früh weg sonnig. Wir nahmen das Gipfelkreuz am nahegelegenen Kreuzjoch (2336 Meter) ins Visier. Übermütig lief so manch einer los. Was es bedeutet, „Kräfte einzuteilen“ – es macht wenig Sinn, Kindern das zu erklären. Bleibt nur, die Kleinen immer wieder rechtzeitig und lautstark einzubremsen. Bei den ersten Murmeltierhöhlen wurde sowieso pausiert und nach pelzigen Bewohnern geschaut, aber diese mögen diesen Trubel nicht. Kleine Tümpel links des Wegs laden auch hier wieder zum Molche-Fangen ein, Geröllgärten zum Kraxeln. Und so verging die erste Stunde bergauf im Flug. Noch eine Kraxeleinlage unterm Gipfel und das Kreuz war erreicht. Lauter Vier- bis Achtjährige auf einem großen Gipfel überm Zillertal!
Die Belohnung gab’s in Gestalt eines wachsamen dicken Murmeltiers unterhalb des Gipfels. Aufregung unterm Gipfelkreuz. Kinder und Tier betrachteten einander neugierig, bis sich der pelzige Geselle in seine Höhle trollte. Während die Kleinen noch vom Murmeltier schwärmten, wartete schon die nächste Überraschung. Was die Kleinen hier oben mitten im Hochsommer nämlich nicht erwartet hatten: Schnee! Das kleine weiße Feld, das wir auf dem Weiterweg Richtung Kraxentrager passierten, wurde sofort in Beschlag genommen für Rutschübungen und eine Schneeballschlacht.
Nach einer Senke unterhalb des Kreuzjochs steigt der herrliche Weg zwischen Wiesen wieder steiler an, aber bald trifft man auf eine Wegekreuzung. Während manche noch den Kraxentrager (2423 m) besteigen wollten, waren andere nicht mehr dazu zu bewegen, schon gar nicht die kleinen Jungs, die mal wieder ein Schneefeld entdeckt hatten. Und so wanderte eine kleine Gruppe aus Müttern und den zwei größeren Mädchen den Weg rechts zum Kraxentrager hinauf. Das lohnte sich, denn hier stand nach einer Viertelstunde eine etwa zweieinhalb Meter hohe Schneewand im Weg. Die Mädels überkletterten sie mit Bravur und hatten auf ihr noch großen Spaß. Der Weiterweg zum Gipfel ist alles andere als schwierig, dafür mit wunderschöner Aussicht.
Zurück vom Gipfel nach einer Rutschpartie die Schneewand hinab sammelten wir die Jungs und Väter wieder ein und kletterten durch Geröll und Felsen den steileren Steig zur Hütte hinab. Noch eine Stärkung, das Gepäck geschultert, und dann ging es auch schon wieder auf den Weg zum Auto. Mit jedem Höhenmeter bergab nahm die drückende Hitze zu und wir waren froh, dass wir diesen Tag auf über 2000 Metern samt Schnee verbringen durften.
Tourenverlauf
Gut zu wissen
Die Rastkogelhütte ist eine kinderfreundliche Alpenvereinshütte mit dem Siegel „Mit Kindern auf Hütten“. Es gibt mehrere Vier-Bett-Zimmer und ein Spielzimmer (Schlechtwetter-Option). Kulinarische Hochgenüsse solltet Ihr allerdings nicht erwarten.
Tel.: +43/680/22 57 124
Wintersaison: Anfang Dezember bis 1 Woche nach Ostern
Sommersaison: 1. Juni bis Ende Oktober
Anfahrt
In Ramsau im Zillertal (kurz vor Mayrhofen) rechts nach Hippach abbiegen, nach der Brücke kurz vor Ortseinfahrt rechts auf den Zubringer Zillertaler Hochstraße. Ab der ersten Kehre ausgeschildert. Der Straße bis Alpengasthof Mösel und Hotel Bergkristall folgen, und weiter bis zur Mautstation (4 EUR). In der dritten Kehre bei der Ausschilderung „Rastkogelhütte“ auf den Schotterweg und über das Gitter. Kurz dahinter gibt es freie Fläche zum Parken.
Wie lang? ca 1 h Zustieg zur Hütte, Runde übers Kreuzjoch zum Kraxentrager 3 h
Wie hoch? ca 200 Hm Zustieg zur Hütte, 300 Hm für die Kraxentrager-Runde
Wie weit? 4 km für die Kraxentrager-Runde
Liebe Ute,
das ist ein toller Bericht über eure Erlebnisse mit Kindern auf Wanderung um die Rastkogelhütte. Ich hoffe, deine Beschreibung schauen sich viele an und bekommen auch Lust auf eine Wanderung in dem Gebiet – so wie ich gerade beim Lesen. Ich war am 30.10. das letzte Mal dort, diesmal ohne Kinder und es war auch dann noch sehr schön. Es ist ja für alle etwas geboten – aber für die Kids ist es besonders schön.
Viele Grüße,
Kai
Hallo Kai, danke Dir! Dass man mit so kleinen Kindern ohne großen Aufwand solche Gipfel mit diesem Panorama erwandern kann, findet man nicht so häufig. Das hat mich dort einfach begeistert. Auch ohne Kinder gibt es dort viel zu entdecken. Viele Grüße! Ute